Grundschule Kuddewörde
Grundschule
Offene Ganztagsschule
Referenzschule: 2017 - 2018
Ich stimme der Einbindung und Anzeige von Google Maps zu.
Qualitätsbereiche
Grünes Klassenzimmer: Von der „Gemüse-Klasse“ zur „Gemüse-Schule“ - Die Grundschule Kuddewörde als Outdoor-Indoor-Schule
Kurze Entstehungs- und Erfolgsgeschichte
Gesucht wurde ein „machbares, niederschwelliges Projekt“, das den Nachmittag strukturell mit dem Vormittag verzahnt. Die einstige „Gemüse-Klasse“, die auf Initiative einer Lehrerin zurückging, wurde im Referenzschulnetzwerk als Verzahnungsprojekt konzeptionell weiter ausgebaut. Gesunde Ernährung war schon länger im Fokus und so lag es nahe, dass die sehr ländlich gelegene Grundschule Kuddewörde das Thema Gemüseanbau konsequent als Lernthema im Vor- und Nachmittag verankerte.
Wie alles begann: Das Gelände „urbar“ machen
Die erste Herausforderung bestand darin, den auf dem Schulgelände vorhandenen Gemüseacker stark zu erweitern. Aufgrund der großzügigen Fläche des Schulaußengeländes erlaubte der Schulverband von Anfang an, den größeren Innenhof zur Beackerung zu nutzen. Diese Umwandlung gelang sehr gut – vor allem auch mit großartiger Unterstützung der Elternschaft, die in einer Samstags-Aktion das Gelände „gemeinsam beackerte“ und es damit auch zu „ihrem Projekt“ machte.
Verzahnung konkret: Die Ackerklasse und der Ackerkurs
Es gibt eine sogenannte Ackerklasse, angeleitet durch die Klassenlehrerin am Vormittag und die Leiterin des Ackerkurses am Nachmittag. Damit ist das Thema über den ganzen Schultag gespannt. Die „Ackerstunden“ sind sowohl im Stundenplan des Vormittags als auch im Kursplan des Nachmittags fest verankert. Damit haben sich die Übergänge zwischen dem Vormittag und dem Nachmittag deutlich verbessert. Zurzeit ist eine dritte Klasse die „amtierende Ackerklasse“. Ein halbes Jahr bevor diese Kinder die Grundschule verlassen, geben sie ihr Know-how an eine Nachfolge-Klasse weiter und führen sie in ihrem letzten Schulhalbjahr in das Projekt ein. In der Summe arbeitet jede Ackerklasse insgesamt zweieinhalb Jahre zu diesem Thema. Dabei ist die Arbeit sehr vielfältig: Theorie im Sachkundeunterricht und Praxis im Wechsel. Draußen auf dem Acker gibt es klassische Arbeiten wie gießen, pflanzen, häufeln, mulchen, Wurzeln schützen und natürlich: Das Ernten. Und ganz wie in der echten Landwirtschaft müssen alle sehr flexibel sein. Denn es gibt Ruhephasen und pflegeintensive Phasen. In der Regel ist die Ackerklasse in den Sommermonaten ca. drei Stunden pro Woche am Vormittag draußen, der Ackerkurs ebenso.
GemüseAckerdemie (ein Bildungsprogramm von Acker e.V.) berät fachlich zum „Ackerjahr“
Bei der landwirtschaftlichen Umsetzung des Gemüseanbaus wird die Schule von der GemüseAckerdemie fachlich beraten. Das gesamte Ackerjahr teilt sich in drei Phasen, in denen die Schule ganz bestimmte Aufgaben unter Einbeziehung aller – vor allem der Schülerinnen und Schüler – durchführen muss.
Phase 1: Vorbereitung von Februar bis April
In der Zeit von Februar bis April dreht sich alles um die Vorbereitung. Die PädagogInnen nehmen vor der Ackersaison an ersten Fortbildungen teil. Mit entsprechenden Unterrichtsmaterialien nähern sich die Kinder dem Thema Gemüseanbau und dem konkreten Schulacker. In diesem Zeitraum erfolgt die Saat- und Pflanzgutbestellung.
Phase 2: Pflegeintensive Phase von April bis Oktober
Jetzt wird es richtig ernst: Die Ackersaison von April bis Oktober ist das Herzstück des Programms. Die Kinder pflanzen, pflegen und ernten ihr Gemüse. Die Pädagog:innen werden dabei durch Unterrichtsmaterialien, Fortbildungen und einen wöchentlichen Newsletter mit „Acker-to-dos“ unterstützt. Bei größeren Schwierigkeiten gibt es die Möglichkeit einer telefonischen Beratung oder einer konkreten Unterstützung vor Ort durch die Mitarbeitenden der GemüseAckerdemie.
Phase 3: Winterpause und Unterricht zur Lebensmittelproduktion von Oktober bis Januar
In der Zeit von Oktober bis Januar lassen alle die Ackersaison Revue passieren und schauen über den Tellerrand hinaus. Die Kinder erhalten Einblicke in die globale Lebensmittelproduktion und erfahren, wie sich ihr Handeln vor Ort in der Welt auswirkt. Kleinere Projekte und Aufgaben schüren die Vorfreude auf das kommende Jahr. Beispielsweise werden theoretische Hintergründe zum Mulchen oder besondere Bedarfe einzelner Pflanzen besprochen.
Ein Acker für alle: Gemeinsames Projekt für die gesamte Schulgemeinschaft
Alle Mitmachenden - die federführende Klassenlehrerin der Ackerklasse und die Kursleiterin des Ackerkurses, die Schulleitung, der Schulverband, die Eltern sowie die Kinder - tragen das Projekt gemeinsam. Jede und jeder fühlt sich für den Erfolg mitverantwortlich. So gibt es regelmäßige Absprachen und auch „Mikrofortbildungen“ durch die GemüseAckerdemie. Eltern haben viele Rollen in diesem Vorhaben: Mitanpacken – heißt graben, säen etc., aber auch kochen, basteln und den Erfolg gemeinsam mit Kindern und PädagogInnen genießen. Für die Eltern ist das Projekt etwas sehr Motivierendes, etwas, das sie mit den Pädagog:innen und den Kindern gemeinsam erleben können. Der Leitstern Partizipation wird gelebt: Eltern sind aktiv einbezogen, die Kommunikation zwischen Schule und Elternhaus dadurch noch aktiver.
Highlight: Die Kochvormittage
Die angebauten Gemüsesorten werden natürlich auch zubereitet. Ob warm oder kalt, die Kinder lieben das Event, das etwa drei Mal im Jahr stattfindet. Abhängig von der Saison gibt es Mangold, Spinat, Mais, Salate, Kohl, Brokkoli, Rosenkohl, Rettich, Rote Bete, Radieschen, Möhren und Kartoffeln. Zur Herbstzeit wird zusätzlich mit Kürbissen gebastelt. Und auch hier helfen die Eltern konkret mit.
Inklusion und Partizipation
Besonders erwähnenswert sind die Partizipations- und Inklusionseffekte: Die Kinder werden buchstäblich zu Expert:innen. Sie beraten andere Klassen und bilden ihre Nachfolger:innen aus. Besonders auf dem Acker erleben einige Kinder persönliche Erfolgsmomente, lernen durchzuhalten und Verantwortung zu übernehmen. Dabei arbeiten alle in einem Netzwerk: Lehrkraft, Kursleitung, Expert:innen der GemüseAckerdemie, Eltern sowie interessierten Kolleg:innen anderer Schulen unterstützen zuweilen bei den Einsätzen auf dem Acker.
Selbstverständlicherer Umgang mit der Natur: Freude, Zufriedenheit, Ausgeglichenheit
Inspiriert von BNE (Bildung für nachhaltige Entwicklung) geht es um die Wertschätzung der Natur und darum, etwas mit den eigenen Händen zu machen. Kinder können „aufs Leben schauen“ und mit Hand, Herz und Kopf lernen. Sie sehen die „greifbaren“ Erfolge ihrer Arbeit und partizipieren an einem ganzheitlichen und handlungsorientierten Unterricht, der alle Sinne anspricht. Die Kinder bekommen einen ersten Einblick in landwirtschaftliche Abläufe, den Umgang mit Ressourcen und erhalten hohe Anerkennung für ihre Arbeit. Daneben gibt es „natürliche“ Gesundheitseffekte – Unterricht an der frischen Luft mit körperlicher Bewegung.
Der Acker belebt die Schulkultur: Nachhaltiges Handeln und Vielfalt entfalten
Als Indoor-Outdoor-Schule gibt es eine permanente Entwicklung. Verbindlichkeit und Verantwortung sind dabei wesentlich. Ein regelmäßiger Jour Fixe mit den Beteiligten wie der Lehrerin der Ackerklasse und der Kursleiterin des Ackerkurses, dem Schulverband, dem Schulelternbeirat und dem Förderverein sowie dem Hausmeister sorgt für einen dichten und kontinuierlichen Informationsfluss. Durch Schaffung konkreter Anreize wie dem Kochvormittag bekommt das Thema eine identitätsstärkende und profilgebende Wirkung in der gesamten Schule. Es gelang außerdem, das Vorhaben mit dem EU-Projekt „Obst & Gemüse“ zu verbinden.
Das Ganze steht auch unter dem Motto „Vielfalt entfalten“ – bezogen auch auf die zahlreichen, regionalen, der Jahreszeit angepassten Gemüsesorten. Letztlich geht es um Nachhaltigkeit, d. h., dass auch andere Projekte entlang der 17 Nachhaltigkeitsziele wie Verbraucherbildung, Konsum, Gesundheit, Abfallvermeidung, Wasser sparen etc. ständig thematisiert werden.
Wie unterstützt Ganztagsschule die Chance, die Auswirkungen des eigenen Handelns auf die Welt zu verstehen und verantwortungsvolle Entscheidungen zu treffen?
Zum Thema